Hormonbalance
Während meiner Arbeit werde ich immer wieder gefragt: „Hormone in Balance, geht das überhaupt?“ Meine Antwort darauf lautet: Ja, das geht. Dabei geht es allerdings nicht um ein statisches, sondern vielmehr um ein dynamisches Gleichgewicht.
Ein dynamisches Hormongleichgewicht, das sich den Gegebenheiten immer wieder neu anpasst, kann unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere sportliche Leistungsfähigkeit steigern. Es kann auch Menstruationsbeschwerden und menopausalen Beschwerden entgegenwirken, das Gewichtsmanagement unterstützen und für gute Stimmung sorgen.
Lasst uns einen Blick auf die wichtigsten Punkte werfen:
Hormonkreisläufe verstehen
Um zu verstehen, wie alles zusammenspielt, können wir uns vereinfacht zwei Regelkreise vorstellen. Die Grafik zeigt die Zusammenhänge.
Die Hypophyse im Gehirn ist dabei die Steuerfrau, die die Schilddrüsenhormone, das Cortisol, das Insulin und die Sexualhormone reguliert. Gehalten wird der Hormonkreislauf von einem stabilen Rahmen aus unseren Routinen, nämlich Ernährung, Bewegung, Schlaf und unserem Umgang mit Stressoren. Schon kleinste Veränderungen in unserer täglichen Routine können dabei große Auswirkungen haben.
Die Sexualhormone sind im Hormonkreislauf übrigens leicht untergeordnet. Wenn der Wind zu stark weht und das Gefüge durcheinanderbringt, leiden zuerst die Sexualhormone darunter. Logisch, evolutionär gesehen ist Fortpflanzung weniger wichtig als Überleben.
#1 Ernährung
Hormone brauchen Kalorien, um zu funktionieren.
Das heißt in erster Linie, genug essen. Bleiben wir unter unserem Kalorienbedarf, produziert die Schilddrüse schon nach vier Tagen weniger Hormone. Bleiben wir über einen längeren Zeitraum im Kaloriendefizit, wird der LH-Puls schwächer. LH ist eines der Sexualhormone, die den Eisprung unterstützen. Die Folge einer zu geringen Kalorienaufnahme ist LEA (Low Energy Availability). Wir fühlen uns erschöpft, schlafen und regenerieren schlechter. Unser Immunsystem ist geschwächt und langfristig sind negative Auswirkungen auf die Knochengesundheit zu erwarten. Außerdem steigt das Risiko für eine Anovulation, also ein ausbleibender Eisprung und eine Amenorrhö, also eine ausbleibende Periode. Der wichtigste Punkt für die Hormonbalance in Sachen Ernährung ist daher eine ausgeglichene Kalorienbilanz.
#2 Bewegung
Bewegung unterstützt die hormonelle Balance.
Damit ist sowohl die Bewegung im Alltag gemeint als auch ein Training im Einklang mit der hormonellen Dynamik. Klar, Bewegung baut Stress ab und wirkt damit regulierend auf das Stresshormon Cortisol. Außerdem hilft Bewegung, den Blutzuckerspiegel und damit das Insulin zu stabilisieren. Regelmäßige Bewegung kann darüber hinaus unseren Menstruationszyklus und damit die Sexualhormone ins Gleichgewicht bringen oder halten und Beschwerden rund um die Menopause lindern. Wenn wir mit der hormonellen Dynamik trainieren, können wir von anabolen, also muskelaufbauenden Effekten profitieren. Bewegung kann aber auch ein Stressfaktor sein, dazu später mehr.
#3 Schlaf
Guter Schlaf gibt uns die Möglichkeit alles zu tun, was wir tun möchten.
Das Gehirn sortiert und speichert Erinnerungen, der Körper regeneriert und bildet Muskeln und Hormone. Wir können einiges für guten Schlaf tun: Tageslicht direkt nach dem Aufstehen beeinflusst die Produktion des Schlafhormons Melatonin am Abend. Das können wir nutzen, indem wir nach dem Aufstehen nach draußen gehen oder im Winter eine Tageslichtlampe nutzen. Außerdem helfen starke Routinen am Abend, um gut in den Schlaf zu finden, wie Blaulicht von Bildschirmen meiden oder eine individuelle Routine finden, um mit dem Tag abzuschließen wie Meditation oder Journaling. Wenn wir die letzte Mahlzeit drei Stunden vor dem Zubettgehen essen, kann das positive Effekte auf unseren Schlaf haben.
#4 Umgang mit Stressoren
Stress lässt sich kaum vermeiden, aber wir können einen guten Umgang damit finden.
Der Begriff umfasst eine Menge: Stress kann psychisch sein und im Arbeitskontext oder im privaten Umfeld auftreten. Er kann aber auch physisch sein, so ist ein hartes Training Stress für den Körper, genauso wie zu wenig Kalorien und Nährstoffe. Stress kann aber auch aufgrund von Umwelteinflüssen wirken, wie Lärm oder Licht, Luftverschmutzung oder Umweltgifte wie Mikroplastik oder Phthalate in Kosmetika. Die Liste ist keineswegs abschließend, und das kann sie auch nicht sein. Jeder Mensch hat eigene Stressoren. Es gilt sie zu analysieren und einen individuell passenden Umgang damit zu finden. Das kann ein Waldspaziergang sein, eine ausgewogene Mahlzeit oder die Vermeidung von Umweltgiften.
Lasst uns die Dynamik der Hormone nutzen.
Lasst uns einen stabilen Rahmen bauen und mit der Dynamik fließen. Als Frauen haben wir in der Lutealphase übrigens nicht nur einen um circa 200 Kalorien höheren Kalorienbedarf, sondern brauchen auch rund eine Stunde mehr Schlaf. Wie viel genau, auch das ist wie immer höchst individuell. Probiere aus, was für dich passt.
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Quellen
(1) Brown, T. M., Brainard, G. C., Cajochen, C., Czeisler, C. A., Hanifin, J. P., Lockley, S. W., . . . Wright, K. P. (2022). Recommendations for Daytime, Evening, and Nighttime Indoor Light Exposure to Best Support Physiology, Sleep, and Wakefulness in Healthy Adults. PLOS Biology, 20(3). doi:10.1371/journal.pbio.3001571
(2) Crum, A. J., Akinola, M., Martin, A., & Fath, S. (2017). The Role of Stress Mindset in Shaping Cognitive, Emotional, and Physiological Responses to Challenging and Threatening Stress. Anxiety, Stress & Coping, 30(4), 379-395. doi:10.1080/10615806.2016.1275585
(3) Hill, M., & Brandt, B. (2022). Superpower Periode: Wie Sie Ihren Zyklus richtig verstehen und seinen Rhythmus für sich nutzen. VAK Verlag.
(4) Mountjoy, M., Sundgot-Borgen, J. K., Burke, L. M., Ackerman, K. E., Blauwet, C., Constantini, N., . . . Budgett, R. (2018). IOC Consensus Statement on Relative Energy Deficiency in Sport (RED-S): 2018 Update. British Journal of Sports Medicine, 52(11), 687-697. doi:10.1136/bjsports-2018-099193